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Verfassungsschutzbericht 1996

3.3.1 Rote Armee Fraktion (RAF)

Mutmaßliches RAF-Mitglied stellte sich

Im Rahmen des sogenannten Aussteigerprogramms des Verfassungsschutzes stellte sich im November 1996 der als mutmaßliches Mitglied der RAF-Kommandoebene mit Haftbefehl gesuchte Christoph Seidler den Ermittlungsbehörden. Der bestehende Haftbefehl wurde am 22. November 1996 aufgehoben. Der dringende Tatverdacht gegen Seidler bezüglich des Anschlags auf Dr. Alfred Herrhausen sowie auf Mitgliedschaft Seidlers in einer terroristischen Vereinigung (RAF) wurde vom Bundesgerichtshof verneint.

RAF-Kommandoebene

Entgegen der Annahme, daß die RAF als eine handlungs- und erklärungsfähige terroristische Vereinigung nicht mehr existiere, hat sich die RAF- Kommandoebene mit einer Erklärung vom 29. November 1996 sowie zwei Leserbriefen vom 29. November und 9. Dezember 1996 wieder zu Wort gemeldet. Den Anlaß der Erklärung bildete offenbar die Tatsache, daß der als mutmaßliches RAF-Mitglied damals mit Haftbefehl gesuchte Christoph Seidler sich den deutschen Behörden gestellt hatte. Dieser Umstand, insbesondere die Vermittlungsbemühungen des Verfassungsschutzes, scheint die RAF- Kommandoebene in höchstem Maße zu beunruhigen. Kein anderer Anlaß der letzten Jahre hat die RAF-Kommandoebene so schnell zu einer Erklärung veranlaßt. In den jüngsten Verlautbarungen erteilte die RAF-Kommandoebene einer "Neuauflage des alten" RAF-Konzepts mit terroristischen Anschlägen einer Stadt-Guerilla eine klare Absage.

Allerdings kritisierte die RAF scharf den Schritt Seidlers: "Aussteigerprogramm und Kronzeugenregelung sind zwei Seiten einer Medaille. Illegale oder Gefangene sollen dazu gebracht werden, sich zum Werkzeug des Staatsschutzes zu machen und so nicht nur ihre GenossInnen, sondern auch ihre eigene Geschichte zu verraten". Jegliche Kooperation mit Behörden, auch schlichte Dementis vermittelten dem Sicherheitsapparat Kenntnisse über "klandestine illegale Strukturen". Auch eine zukünftige Linke brauche wieder derartige Kampfstrukturen. Priorität räumte die RAF auch jetzt wieder der "Neubestimmung revolutionärer Politik und Neuformierung einer radikalen Linken" ein. Die von RAF-Häftlingen Pohl und Hogefeld geforderte Selbstauflösung lehnte die Kommandoebene ab, ohne auf die beiden Inhaftierten näher einzugehen.

Der unterschiedliche Sprachstil der RAF-Erklärungen legt nahe, daß die Kommandoebene in verschiedene Kleinstgruppen zerfallen ist, die zwar erklärungsfähig sind, aber aktuell kaum handlungsfähig oder -willig sind. Solange die RAF- Kommandoebene nicht doch zerfällt oder ihre Auflösung durch Erfolge der Fahndung und/oder des sog. Aussteigerprogramms erfährt, bleibt sie gefährlich.

Die Erklärung und die beiden Leserbriefe stehen im Volltext im Internet-Angebot des Verfassungsschutzes NRW zur Verfügung (Adresse siehe Impressum).

RAF-Häftlinge

Der RAF-Häftling Helmut Pohl hatte die RAF in einem Interview in der Juni-Ausgabe 1996 der Zeitschrift "konkret" aufgefordert, er halte es jetzt für nötig, daß die RAF- Kommandoebene ihre Auflösung als RAF erkläre. Im August 1996 unterstrich er diese Aufforderung indem er öffentlich erklärte, die RAF-Häftlinge hätten sich schon 1992 gegen weitere gezielt tödliche Aktionen der RAF-Kommandoebene ausgesprochen. Der bisherige Hardliner Pohl hat damit faktisch die Aufgabe des bewaffneten Kampfes gefordert und sich zum Ende der RAF bekannt. Pohl verfolgt offenbar die Absicht, eine neue Diskussion über die Haftbedingungen anzustoßen mit dem Ziel, eine vorzeitige Haftentlassung der noch verbliebenen RAF-Häftlinge zu erreichen.

Unterstützt wurde der RAF-Häftling Helmut Pohl in seiner Forderung nach Selbstauflösung der Kommandoebene von der RAF-Inhaftierten Birgit Hogefeld, die in ihrer Schlußerklärung vom 29. Oktober 1996 vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ebenfalls ausdrücklich erklärte, "sie finde die Aufforderung von Helmut Pohl an die Illegalen, ihre Auflösung als RAF zu erklären, richtig - dieser Schritt sei lange überfällig". Hogefeld bezeichnete die Erschießung des US-Soldaten Eduard Pimental durch RAF-Mitglieder im August 1985 als "grauenhaft und zutiefst unmenschlich". Für sie sei deutlich geworden, daß vieles in der Geschichte der RAF als "Irrweg" anzusehen sei. Sie erklärte abschließend: "Der Kampf, wie ihn die RAF Anfang der 70er Jahre begonnen hat, gehört einer vergangenen Epoche an".

Gerichtsverfahren

Birgit Hogefeld wurde am 5. November 1996 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt u.a. wegen Mordes, des mehrfachen versuchten Mordes, der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (RAF). Die Verteidigung hat Revision angekündigt. Der Prozeß gegen Hogefeld war im linksextremistischen/-terroristischen Spektrum nur auf begrenztes Interesse gestoßen. Ihre verschiedenen Prozeßerklärungen wurden von einer "Info-AG" aus Wiesbaden herausgegeben und teilweise über Mailbox-Systeme verbreitet.

Am 18. Januar 1996 begann vor dem 5. Strafsenat des Oberlandesgerichtes Frankfurt a.M. die Hauptverhandlung im Strafprozeß gegen Monika Haas. Ihr wird eine Beteiligung an der Entführung der Lufthansa-Maschine Landshut im Jahr 1977 vorgeworfen. Auch dieser Prozeß fand im terroristischen Umfeld kaum Interesse. Im März 1997 wurde Haas mangels Fluchtgefahr aus der Untersuchungshaft entlassen.

Entlassungen

Am 10. Mai 1996 wurde das ehemalige RAF-Mitglied Hanna Krabbe nach 21 Jahren Haft aus der Justizvollzugsanstalt Lauerhof in Lübeck vorzeitig auf Bewährung entlassen. Mit Hanna Krabbe wurde die letzte Tatbeteiligte an dem RAF-Überfall im April 1975 auf die Deutsche Botschaft in Stockholm auf freien Fuß gesetzt. Die damaligen Mittäter Taufer und Dellwo waren im Frühjahr 1995 vorzeitig aus der Haft entlassen, der Mittäter Rössner bereits im Mai 1994 begnadigt worden.

Das ehemalige RAF-Mitglied Susanne Becker, geb. Albrecht, wurde im Juni 1996 aus dem offenen Vollzug einer Bremer Justizvollzugsanstalt entlassen. Die Reststrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Insgesamt wurden seit 1992 28 ehemalige RAF-Mitglieder aus der Haft entlassen:

1992 7
1993 8
1994 6
1995 5
1996 2

Inhaftiert sind derzeit noch 10 ehemalige RAF-Mitglieder.

Am 24. Januar 1997 wurde die frühere Angehörige der terroristischen "Bewegung 2. Juni" Inge Viett aus der Haft entlassen.
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