rafinfo.de - Die Webressource zur roten Armee Fraktion
Vorwort
Geschichte
Kurzbiographien
Kommandogruppen
Die Opfer
Gefangene
Zeittafel
Begriffe
Fragen & Antworten
Links
Archiv
   Plakate 1
   Plakate 2
   RAF-Logo
   RAF-Erklärungen
   Verfassungsschutz
   Referate/Hausarbeiten
Literatur
Suche
Kontakt/Impressum




Verfassungsschutzbericht 1990

4.2 Rote Armee Fraktion (RAF) und Umfeld

Die RAF bildet eine linksextremistische terroristische Vereinigung, die in einem "bewaffneten antiimperialistischen Kampf" über sogenannte Offensiven und eine noch zu bildende einheitliche antiimperialistische Front in Westeuropa letztlich eine nicht näher erläuterte kommunistische Gesellschaft anstrebt.
4.2.1 RAF-Kommandobereich

Geplanter Mordanschlag auf Bundeslandwirtschaftsminister Kiechle

Am 5. März 1990 gingen bei zwei Nachrichtenagenturen in Bonn textidentische Schreiben der RAF vom 2. März 1990 ein, die in Frankfurt / Main abgesandt wurden. In den Schreiben erklärt ein RAF- " Kommando Juliane PLAMBECK", es habe "heute" den Bundeslandwirtschaftsminister Kiechle "angegriffen". In der Erklärung wird der gesamte "Widerstand" zu Aktionen gegen den Staat aufgerufen. In einem weiteren Schreiben vom 3. März 1990 erklärt die RAF, die Aktion sei abgebrochen worden, da es - angeblich - durch ein nicht kalkulierbares Ereignis bei der geplanten Durchführung zu einer Gefährdung Unbeteiligter gekommen wäre. Durch einen Abstimmungsfehler sei die erste Erklärung der RAF bereits vor der Aktion abgesandt worden. Am 27. April 1990 wurde eine dritte ebenfalls als authentisch angesehene Erklärung der RAF vom 26. April 1990 bekannt, in der die Verfasser den angeblich geplanten Anschlag als eine u. a. der "Desorientierung" dienende Geheimdienstaktion des Verfassungsschutzes darstellen. Mit diesem verspäteten und unglaubhaften Dementi versuchte die RAF offenbar, die nach der mißglückten Aktion im RAF-Unterstützerbereich eingetretene Irritation und Unsicherheit zu beseitigen.

Festnahme von 10 mit Haftbefehl gesuchten mutmaßlichen RAF Mitgliedern in der ehemaligen DDR

Im Juni 1990 sind in der ehemaligen DDR 10 mutmaßliche RAF-Mitglieder festgenommen worden:
  • Susanne ALBRECHT am 6. Juni 1990 in Berlin (OST)
  • Inge VIETT am 12. Juni 1990 in Magdeburg
  • Ekkehard Frhr. von SECKENDORFF-GUDENT und Monika HELBING am 14. Juni 1990 in Frankfurt/ Oder
  • Werner Bernhard LOTZE und Christiane DUMLEIN am 14. Juni 1990 in Senftenberg/Krs. Cottbus
  • Sigrid STERNEBECK und Ralf Baptist FRIEDRICH am 15. Juni 1990 in Schwedt/Oder
  • Silke MAIER-WITT und
  • Henning BEER am 18. Juni 1990 in Neubrandenburg.
  • Christiane DÜMLEIN und Baptist Ralf FRIEDRICH wurden wegen Verjährung des Tatvorwurfs des Verdachts der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung RAF, Ekkehard Frhr. von SECKENDORFF-GUDENT nach Gegenüberstellung mit Tatzeugen am 27. Juli 1990 freigelassen. Bis auf Inge VIETT äußerten sich alle Inhaftierten zu den Tatvorwürfen und gestanden teilweise ihre Beteiligung an weiteren Straftaten. Am 19. November 1990 wurde Baptist Ralf FRIEDRICH wegen Verdachts des versuchten Mordes, Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und anderer Straftaten erneut festgenommen, da er nach Tatgeständnissen anderer Festgenommener verdächtig ist, an dem Sprengstoffanschlag auf US-General Alexander Haig am 25. Juni 1979 in Obourg/Belgien beteiligt gewesen zu sein.
Nach ihren Aussagen waren die Festgenommenen nach der Übersiedlung in die damalige DDR an keinen Straftaten der RAF mehr beteiligt.

Sprengstoffanschlag auf Staatssekretär Neusel

Am 27. Juli 1990 verübte ein RAF-Kommando "Jose Manuel SEVILLANO" in Bonn-Auerberg einen Sprengstoffanschlag auf den Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Hans Neusel, bei dem Staatssekretär Neusel leicht verletzt wurde. Die Täter hinterließen in der näheren Umgebung ein aus drei Sätzen bestehendes Schreiben mit dem RAF-Symbol und der Kommandobezeichnung.

Am 31. Juli 1990 gingen bei verschiedenen Nachrichtenagenturen in Bonn und Frankfurt/Main textidentische Taterklärungen der RAF vom 29. Juli 1990 ein, in denen der Anschlag mit dem Tod des nach einem Hungerstreik in spanischer Haft am 25. Mai 1990 verstorbenen GRAPO-Mitgliedes Jose Manuel SEVILLANO begründet wird. Staatssekretär Neusel vertrete aktuell die eisenharte NATO-Linie für die Bundesregierung gegen die gefangenen "Revolutionäre" in Spanien und verkörpere - wenn auch indirekt - die personelle Kontinuität des deutschen Faschismus vom Dritten Reich zum "Großdeutschland", das auf das Vierte Reich zusteuere. Ziel des Anschlags sei die "Durchsetzung der Forderung der Gefangenen und der Aufbau revolutionärer Gegenmacht in Westeuropa" sowie die "Einleitung einer langen Kampfphase gegen die neuentstandene großdeutsche/westeuropäische Weltmacht". Dabei setze sich die "antiimperialistische Front in Westeuropa aus einer Vielfalt von Kämpfen" zusammen.

RAF bekannte sich zu einem Raubüberfall auf einen Supermarkt der Firma Massa in Duisburg

Am 27. September 1990 gingen bei einer französischen Nachrichtenagentur in Bonn und am 1. Oktober 1990 bei der Frankfurter Rundschau gleichartige mit "Rote Armee Fraktion 24.09.1990" unterzeichnete Erklärungen ein, die in Duisburg aufgegeben worden waren. In den als authentisch angesehenen Erklärungen bekennt sich die RAF zu einem Raubüberfall am 5. Juni 1990 auf einen Supermarkt der Firma Massa in Duisburg, bei dem drei unbekannte bewaffnete Täter 325.000 DM raubten. Die RAF dementiert, daß Bewohner der Kiefernstraße in Düsseldorf oder der Hafenstraße in Hamburg Mitglieder der RAF seien oder logistische Unterstützung für die RAF leisteten und daß Aktionen des RAF-Kommandobereiches von inhaftierten RAF-Mitgliedern geplant würden. Alle, die heute in der RAF kämpften, seien illegal.
4.2.2 Militante der RAF

Militante der RAF geben neue Ausgaben von "Zusammen Kämpfen" heraus

Am 27. März wurde die Ausgabe März 1990 und im August 1990 die Ausgabe Nr. 12 der illegal vertriebenen Schrift "Zusammen Kämpfen" bekannt, deren unbekannte Verfasser dem militanten RAF-Bereich zugeordnet werden. Während die Ausgabe März 1990 lediglich aus einer Sammlung von Taterklärungen zum Mord an Dr. Alfred Herrhausen sowie zu den Anschlägen "Kämpfender Einheiten" besteht, enthält die fast 50 Seiten umfassende Ausgabe Nr. 12 u. a. die Erklärung der RAF zum Anschlag auf Staatssekretär Neusel, eine Chronologie von Solidaritätsaktionen und Erklärungen anläßlich des Hungerstreiks in Spanien sowie Beiträge nicht genannter Mitglieder "Kämpfender Einheiten" und Personen des terroristischen Umfeldes, die offenbar einen breiten Diskussionsprozeß mit Initiativen und Gruppen aus anderen "politischen Zusammenhängen" anregen sollen.

Solidaritätskampagne mit in spanischen Haftanstalten hungerstreikenden Mitgliedern der "GRAPO/PCE (r)"

Mit befristeten Hungerstreiks solidarisierten sich seit dem 16. Januar 1990 Gefangene der "RAF und aus dem Widerstand" mit einem am 30. November 1989 in spanischen Haftanstalten begonnenen Hungerstreik inhaftierter Mitglieder der "GRAPO/PCE (r)", die eine "Wiederzusammenlegung" fordern. RAF-Militante und -Anhänger solidarisierten sich - auch im Hinblick auf die Zusammenlegungsforderung der RAF-Häftlinge mit dem Hungerstreik der spanischen Häftlinge durch Sprengstoff- und Brandanschläge, durch Sachbeschädigungen sowie Farb-, Sprüh- und Plakataktionen sowie in Veranstaltungen und bei Demonstrationen. Die Agitation richtete sich dabei auch gegen ein "Europa des Kapitals" und griff insbesondere die Forderung nach Zusammenlegung aller "Gefangenen aus Guerilla und Widerstand" und Freilassung der Gefangenen auf, deren gesundheitliche Wiederherstellung unter Haftbedingungen ausgeschlossen sei.

Militante des RAF-Bereichs sind bundesweit für Anschläge in diesem Zusammenhang verantwortlich, darunter in Nordrhein-Westfalen:

  • Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Hauptverwaltung der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) in Essen am 4. Februar 1990 mit einem Sachschaden von rd. 1 Million DM. Hierzu bekannte sich eine Kämpfende Einheit "CEPA GALLENDE."
  • Brandanschlag in der Nacht zum 27. Februar 1990 auf die Schule für Kommunikations- und Datentechnik der Firma Siemens AG in Bonn mit einem Sachschaden von rd. 80.000 DM, verübt von einer Kämpfenden Einheit "HÜSEYIN HÜSNÜ EROGLU".
4.2.3 Umfeld der RAF
RAF-Umfeld beteiligt sich an Solidaritätskampagne für den Hungerstreik inhaftierter Mitglieder der "GRAPO/PCE (r)" Brandanschläge und Sachbeschädigungen des RAF-Umfeldes und des sonstigen terroristischen Umfeldes mit zum Teil hohem Sachschaden richteten sich hauptsächlich gegen Niederlassungen der Firmen VAG und Seat, u. a. in Aachen, Essen, Köln, Münster, Wuppertal und Solingen. Darüber hinaus fanden vor der spanischen Botschaft in Bonn mehrfach, teilweise mit überregionaler Beteiligung, Solidaritätskundgebungen statt; in Köln führten Anhänger, darunter auch Personen des RAF-Umfeldes, donnerstags vor dem Gebäude einer spanischen Bank ein "Trommeln für die Wiederzusammenlegung" der spanischen GRAPO-Mitglieder durch. Im Rahmen der Solidaritätskampagne wurde bundesweit für den 18. Oktober 1990, dem 13. Todestag der RAF-Häftlinge Gudrun ENSSLIN, Andreas BAADER und Jan-Carl RASPE, zu einem "Antifaschistischen und antiimperialistischen Aktionstag" aufgerufen. An diesem Tag fand in Köln nach dem regelmäßigen "Donnerstagstrommeln" unter Beteiligung des RAF-Umfeldes vor der Justizvollzugsanstalt eine Demonstration mit rd. 150 Teilnehmern statt. In Bielefeld und Köln wurden Türschlösser von Geschäften und Bankfilialen beschädigt. In zurückgelassenen Erklärungen verknüpften die Täter ihre Aktionen u. a. mit dem Hungerstreik der spanischen Inhaftierten und der Forderung der RAF-Häftlinge auf Zusammenlegung.
                                                                                                                                                                zurück nach oben
Diese Seite wird nicht mehr gepflegt! Druckversion Druckversion