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Verfassungsschutzbericht 1991

4.2 Rote Armee Fraktion (RAF) und Umfeld

Schußwaffenanschlag auf die US-Botschaft in Bonn-Bad Godesberg

Am 13. Februar 1991 beschossen unbekannte Täter die Botschaft der USA in Bonn-Bad Godesberg von der gegenüberliegenden Rheinseite mit automatischen Waffen. Am Botschaftsgebäude fanden sich zahlreiche Einschüsse. Personen wurden nicht verletzt.

Die Täter hinterließen eine in Plastikfolie verpackte dreiseitige mit der Bezeichnung "Kommando Vincenzo Spano" versehene Erklärung, der ein Deckblatt vorgeheftet war, das neben Parolen gegen den Krieg am Golf eine Bekundung der Solidarität mit dem Hungerstreik "unserer gefangenen Genossinnen und Genossen" von der "Action Directe" in Frankreich und "GRAPO/PCE (r)" in Spanien sowie die Forderung nach "Zusammenlegung aller politischen Gefangenen in Westeuropa" enthält und "Solidarität mit dem Kampf der politischen Gefangenen in den Vernichtungstrakten der USA" bekundet. Darunter befindet sich das RAF-Emblem sowie die Bezeichnung "Rote Armee Fraktion, 13.02.91".

Die RAF begründet in der als echt zu bewertenden Erklärung den Anschlag mit der Führungsrolle der USA "im Vernichtungskrieg gegen das irakische Volk". Außerdem prangert sie ein "Großdeutschland" an, das auf dem Weg zur neuen Weltmacht den Einsatz seiner "Militärmaschine" vorbereite.

In wortgleichen Ergänzungsschreiben vom 24. Februar 1991, die am 27. Februar 1991 bei zwei Nachrichtenagenturen in Bonn eingingen, hat die RAF ihre Kommandobezeichnung berichtigt. Diese habe - um die Verbindung zu den hungerstreikenden "Action Directe"-Häftlingen herzustellen - tatsächlich "Ciro Rizatto"* lauten sollen. Wegen fehlender Unterlagen sei es zu einer "Verwechslung der Namen" gekommen.

Ermordung Dr. ROHWEDDERs durch die RAF

Am 1. April 1991 ermordete ein Kommando der RAF den Präsidenten der Treuhandanstalt, Dr. ROHWEDDER, in seiner Wohnung in Düsseldorf-Oberkassel durch Schüsse aus einem zum Rheinufer gelegenen Schrebergarten. Kurz nach dem Mordanschlag teilte ein unbekannter Anrufer der französischen Nachrichtenagentur AFP in Paris in deutscher und dann in englischer Sprache mit, die RAF sei für den Mord verantwortlich.

Die unbekannten Täter hinterließen am Tatort eine mit "Rote Armee Fraktion Kommando Ulrich Wessel" unterzeichnete Erklärung, in der u. a. zum gemeinsamen Kampf "gegen die reaktionären großdeutschen und westeuropäischen Pläne zur Unterwerfung und Ausbeutung der Menschen hier und im Trikont" aufgerufen wird.

* Ciro Rizatto, ein italienischer Linksextremist, der sich später der "Action Directe" angeschlossen hatte, war 1983 bei einem Banküberfall in Frankreich erschossen worden.

Am 6. April 1991 gingen bei einer französischen Nachrichtenagentur in Bonn und einer Tageszeitung in Köln ausführliche Taterklärungen der RAF gleichen Wortlauts ein, die als echt zu bewerten sind. Der Anschlag richte sich gegen einen der "Architekten Großdeutschlands". Der RAF gehe es darum, neben "strategischen Angriffen" (Anschlag Dr. ROHWEDDER) auch in der Lage zu sein, mit konkreten Forderungen in aktuellen Auseinandersetzungen (z. B. Aktion US-Botschaft Bonn) zu "intervenieren" und sich zusammen mit anderen dafür zu organisieren, "Kampfphasen zu bestimmen und die gemeinsamen Ziele durchzusetzen". Zu diesen Zielen gehört offensichtlich auch der Kampf für die Zusammenlegung und Freilassung der RAF-Häftlinge. In der Taterklärung heißt es hierzu, "für jede revolutionäre Bewegung auf der Welt sei es eine Frage der eigenen Identität, Wege zur Freiheit der politischen Gefangenen zu suchen....". Die RAF knüpft daran die Parole: "Der Weg zur Freiheit der politischen Gefangenen führt über die Durchsetzung ihrer Zusammenlegung". Es folgen die Kampfparolen "Gegen den Sprung der imperialistischen Bestie unseren Sprung im Aufbau revolutionärer Gegenmacht".

Erklärung der RAF vom 23. Juni 1991"Gegen die Staatsschutzlügen von der ,Zellensteuerung'-"

Am 25. Juni 1991 gingen bei mehreren Nachrichtenagenturen in Bonn mit "Rote Armee Fraktion 23.6.1991 unterschriebene Erklärungen ein, die den gleichen Wortlaut haben und als echt gelten.

Der RAF-Kommandobereich wendet sich darin "gegen die Staatsschutzlügen von der Zellensteuerung". Mit einer "von reaktionärsten Teilen der CDU/CSU" angeschobenen "Kampagne der Bundesanwaltschaft" sollten "selbst die minimalen Verbesserungen und Schritte in Richtung Zusammenlegung, die im letzten Hungerstreik erkämpft wurden", wieder rückgängig gemacht werden. Ziel sei es, "die gefangenen Guerillas und politischen Gefangenen überhaupt" in der Isolation brutal zu foltern, wobei diesmal das "Konstrukt der Zellensteuerung" als Hebel benutzt werde. Die Erklärung schließt mit der Forderung nach Zusammenlegung und Freiheit der politischen Gefangenen und einer Bekundung der Solidarität mit den hungerstreikenden Mitgliedern der französischen Terrororganisation "Action Directe".

Die Erklärung stellt eine Reaktion des RAF-Kommandobereiches auf die Zellendurchsuchungen sowie den Versuch dar, auch außerhalb des RAF-Bereiches eine Unterstützung seiner Forderungen zu erreichen.

Agitation des RAF-Umfeldes im Zusammenhang mit dem Golfkrieg

Anfang des Jahres 1991 entwickelte das RAF-Umfeld besondere Aktivitäten im Zusammenhang mit der Situation in der Golfregion. So beteiligten sich RAF-Anhänger aus diesem Anlaß u. a. an Demonstrationen des sonstigen linksextremistischen Spektrums. In ihre politische Agitation nahmen sie aber auch Themenbereiche der RAF auf, so die Forderung nach Zusammenlegung und Freilassung von RAF-Häftlingen, den Hungerstreik der "GRAPO-Häftlinge" in Spanien, die Zusammenlegung aller "kämpfenden Gefangenen" sowie die Solidarität mit der Intifada in Palästina und dem kurdischen Befreiungskampf.

In diesem Zusammenhang sei beispielhaft ein Brandanschlag auf die Niederlassung der Firma Daimler-Benz in Mülheim an der Ruhr am 23. Januar 1991 erwähnt, der einen Sachschaden von rund 60.000 DM verursachte. In der Abschrift einer Erklärung, die in der Schrift des linksextremistischen autonomen Spektrums und des terroristischen Umfeldes "Agitare Bene" in Köln abgedruckt wurde, verbinden die unbekannten Verfasser und mutmaßlichen Täter ihre Polemik gegen die Firma Daimler-Benz, die als einer der ganz großen Konzerne die großdeutsche Machtpolitik entscheidend mitbestimme, u. a. mit der Forderung nach Freilassung von RAFHäftlingen sowie der "Zusammenlegung aller kämpfen den Gefangenen".

Kampagne für die Zusammenlegung bzw. Freilassung der RAF-Häftlinge

Seit dem Frühjahr 1991 propagierte das RAF-Umfeld verstärkt die Forderungen der RAF-Häftlinge nach Zusammenlegung und Freilassung der haftunfähigen Gefangenen der RAF, wobei die Häftlinge französischer und spanischer Terrorgruppen in Solidaritätsaktionen einbezogen wurden:

  • Personen des RAF-Umfeldes führten am 9. und 23. März 1991 in Bonn Kundgebungen anläßlich des Hungerstreiks von Inhaftierten der französischen Terrororganisation "Action Directe" durch. Flugblätter, die zur Kundgebung am 23. März 1991 aufriefen, waren von "Bonner Gruppen für die Zusammenlegung" unterzeichnet.
  • In der Nacht zum 3. Mai 1991 beschädigten Unbekannte mehrere jeweils auf dem Gelände von Mercedes-Benz-Niederlassungen in Velbert und Wuppertal abgestellte Fahrzeuge mit ätzender Flüssigkeit. Zu der Tat bekannten sich offenbar RAF-Unterstützer unter der Bezeichnung "militante Gruppen für eine revolutionäre Bewegung".
  • Personen des RAF-Umfeldes besetzten am 14. Juni 1991 vorübergehend die Renault-Bank in Köln und hielten vor der Bank eine Standkundgebung ab. Anschließend bildeten sie einen Demonstrationszug durch die Kölner Innenstadt. Mit der Aktion sollte u. a. den Forderungen der RAF-Häftlinge, der inhaftierten Mitglieder der "Action Directe" und der spanischen terroristischen "GRAPO" nach Zusammenlegung Nachdruck verliehen werden.
  • Am 20. Juli 1991 fanden vor den Justizvollzugsanstalten Köln und Bielefeld zum Thema "Zusammenlegung der politischen Gefangenen" Kundgebungen statt, zu denen in verschiedenen Schriften bundesweit aufgerufen wurde. An beiden Veranstaltungen mit jeweils über 100 Teilnehmern beteiligten sich Personen des RAF-Umfeldes. Anlaß für die Kundgebung vor der Justizvollzugsanstalt Bielefeld war die kurzfristige Verlegung von vier RAF-Häftlingen aus der Justizvollzugsanstalt Köln nach Bielefeld.
  • Am 28. Juli 1991 verübten bisher unbekannte Personen des RAF-Umfeldes einen Brandanschlag auf die Firma Renault Nutzfahrzeuge in Brühl, wobei ein Sachschaden von rund 700.000 DM entstand. Die Täter hinterließen eine mit "eine Gruppe für eine starke revolutionäre Bewegung" unterzeichnete Erklärung, in der Solidarität mit den im Hungerstreik befindlichen Häftlingen der "Action Directe" zum Ausdruck gebracht, gegen die "Angriffe und Lügen des Staatsschutzes" polemisiert und die "Zusammenlegung der Gefangenen aus RAF und Widerstand" gefordert wird.
Seit Mitte August 1991 entwickelte sich die Zusammenlegungskampagne nur noch schleppend. Planungen aus dem Umfeld der RAF, im Herbst 1991 eine große bundesweite Demonstration vor dem Bundeskanzleramt in Bonn für die "Zusammenlegung der Gefangenen aus RAF und Widerstand" durchzuführen, wurden verschoben. Der Versuch des RAF-Umfeldes in Nordrhein-Westfalen, sich an regionalen Aktionen einer in der Zeit vom 7. bis 12. Oktober 1991 durchgeführten Aktionswoche zum Thema "500 Jahre Kolonialismus - 500 Jahre Widerstand" mit einem "Aktionstag für die politischen Gefangenen" am 10. Oktober 1991 wirksam anzuhängen, scheiterte an mangelnder Mobilisierung. Lediglich in Köln und Bonn fanden kleinere Demonstrationen mit 60 bis 90 Teilnehmern statt, die über den Teilnehmerkreis hinaus keine Resonanz erzielten.

Solidaritätsaktionen für den "kurdischen Befreiungskampf"

Am 30. Juli 1991 besetzten Angehörige des örtlichen RAF-Umfeldes die Filiale der türkischen Pamuk-Bank in Köln. Während sich mehrere Personen in der Bank aufhielten, verteilten Anhänger auf der Straße Flugblätter und zeigten Transparente, auf denen zur "Solidarität mit dem Befreiungskampf der kurdischen und türkischen Völker" aufgerufen wurde.

RAF-Umfeld greift Strafprozesse gegen Personen aus Duisburg und Bielefeld agitatorisch auf

Am 7. Juni 1991 verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf im Revisionsverfahren die zuletzt in Duisburg wohnhaften Norbert HOFMEIER, Barbara PERAU HOFMEIER und Thomas THOENE wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung (RAF) und Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion (auf BGS-Kaserne in Swisttal-Heimerzheim am 11. August 1986) jeweils zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren. Anhänger hatten in Flugblättern und Plakaten in mehreren Städten auf den Prozeß hingewiesen sowie die Zusammenlegung bzw. Freilassung aller politischen Gefangenen gefordert.

Am 2. Oktober 1991 verurteilte das Oberlandesgericht in Hamburg den zuletzt in Bielefeld wohnhaften Holger DEILKE zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe u. a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (RAF) und wegen illegalen Waffenbesitzes. Der Prozeß wurde von Anhängern des RAF-Umfeldes Bielefeld in einer "Prozeßgruppe" agitatorisch begleitet.*

* Holger DEILKE wurde aufgrund eines Beschlusses des 3. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamburg am 2. Januar 1992 unter Auflagen und Weisungen aus der Untersuchungshaft entlassen.

Protest gegen Durchsuchungsmaßnahmen in den Räumen des Arbeiterjugendzentrums (AJZ) Bielefeld

Am 26. November 1991 wurde das Arbeiterjugendzentrum (AJZ) in Bielefeld im Rahmen eines von der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf u. a. gegen Verantwortliche des AJZ e.V. und des Informationszentrums "Anschlag" (Prozeßgruppe Bielefeld) gerichteten Ermittlungsverfahrens wegen Verdachts einer Straftat nach §129 a Strafgesetzbuch durchsucht. Anlaß war das von der "Prozeßgruppe Bielefeld" herausgegebene "Prozeßinfo" Nr. 1 zum Prozeß gegen Holger DEILKE. Dabei wurden u. a. Druckvorlagen des "Prozeßinfos" Nr. 1, zahlreiche Exemplare der "Prozeßinfos" Nr. 2 und 3 sowie 25 Exemplare des terroristischen Buches "Die Rote Zora" sichergestellt. Das RAF-Umfeld sowie das sonstige terroristische Umfeld Bielefeld reagierte darauf am 28. November 1991 mit einer nicht angemeldeten Demonstration. In einem bei der Demonstration verbreiteten Flugblatt "hetzen - diffamieren - konstruieren" wird u. a. ausgeführt, das AJZ sei "für uns ein wichtiger Ort für Diskussionen und Organisierung von Widerstand".
                                                                                                                                                                zurück nach oben
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