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Der 2.Juni 1967

Der Tod des Studenten Benno Ohnesorg

In den 60er Jahren wuchs in der Bundesrepublik vor allem unter Schülern und Studenten die Unzufriedenheit über die herrschenden Gesellschaftszustände. So kam es, wie in vielen anderen westlichen Ländern wie beispielsweise in Frankreich oder den USA, zu verstärkten Protesten und Demonstrationen. Protestiert wurde gegen den Vietnamkrieg, veraltete Strukturen und Methoden in Schulen und Universitäten ("Unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren") und gegen die "Ausbeutungsmaschinerie" des Kapitalismus im Allgemeinen. In Deutschland kam im Besonderen die nicht aufgearbeitete Vergangenheit der Elterngeneration in der Zeit des Nationalsozialismus hinzu.

Statt den Dialog mit den Studenten zu suchen, ging der Staat - unterstützt von der konservativen Presse - häufig auf Konfrontationskurs. Als dann Reza Pahlevi, der Schah von Persien (heute Iran) offiziell von der Bundesrepublik eingeladen wurde, war dies für viele ein erneuter Beweis für die faschistische Kontinuität in der Politik des deutschen Staates. Pahlewi regierte den Iran seit 1953 - gestützt durch die USA - mittels einer Militärdiktatur.

Dem Aufruf zu einer Protestdemonstration am Besuchstag des Schahs am 2. Juni 1967 in Berlin folgten dementsprechend viele junge Menschen. Die Regierung unternahm jedoch alles, dem hohen Gast den Aufenhalt möglichst angenehm zu gestalten. Im Vorfeld des Besuchs waren oppositionelle Perser ohne Rechtsgrundlage festgenommen worden und am Tag des Besuches ließ man extra die vom Schah benutzten Autobahnen sperren. Zudem erteilte man persischen Anhängern Pahlevis die Erlaubnis diesen am Flughafen mit Jubelgeschrei und Fahnen zu begrüßen.

Diese sogenannten "Jubelperser" waren es dann auch, die gemeinsam mit der Polizei die Demonstranten vom Schah und seiner Frau abschirmten als dieser gegen 14.30 Uhr das Schöneberger Rathaus erreichte. Als aus den Reihen der Demonstranten "Mörder! Mörder!" Rufe zu hören waren und einige Farbeier, wenn auch zu kurz geworfen, in Richtung des Schahs flogen, begannen die "Jubelperser" - ausgerüstet mit Holzlatten - wahllos auf die Demonstranten einzuschlagen. Wie sich später herausstellte war ein Großteil der "Jubelperser" vom iranischen Geheimdienst gestellt worden - was auch die gute Zusammenarbeit mit der Berliner Polizei erkärt, die einige Minuten später auf der Seiten der "Jubelperser" in die Situation eingriff und die Demonstration auflöste.

Am Abend sollte das Kaiserpaar die "Zauberflöte" in der Deutschen Oper hören, vor der sich erneut Demonstranten versammelt hatten, sowie die Polizei unterstützt durch Schahanhänger. Wieder wurden Sprechchöre laut und es flogen Tomaten und Farbeier. Nachdem der Schah die Oper unversehrt erreicht hatte, begannen die Demonstranten langsam abzurücken, um sich nach Beendigung der Vorstellung erneut zu versammeln.

Anstatt die Studenten abziehen zu lassen, kam nun jedoch die "Leberwurst-Taktik" des Berliner Polizeipräsidenten Duensing zum Einsatz: "Nehmen wir die Demonstranten als Leberwurst, dann müssen wir in die Mitte hinein stechen, damit sie an den Enden auseinanderplatzt." Ohne die gesetzlich vorgeschriebene Warnung, begannen die Polizisten mit Schlagstöcken gegen die Demonstranten loszugehen. Blutüberströmt brachen viele von ihnen zusammen, während die anderen versuchten durch Nebenstraßen zu entkommen, verfolgt durch Polizei und "Jubelperser". Unter ihnen auch der 26-jährige Romanistikstudent Benno Ohnesorg, der an diesem Tag zum ersten Mal an einer Demonstration teilgenommen hatte.

Gegen 20.30 Uhr geriet er und einige andere Demonstranten in der Nähe der Krumme Straße 66/77 in ein Handgemänge mit der Polizei, die in der Gruppe einen "Rädelsführer" ausgemacht zu haben meinte. Einer der Polizisten ist der 39-jährige Kriminalobermeister in zivil Karl-Heinz Kurras, aus dessen Pistole sich während des Gerangels ein Schuss löste und dem inzwischen halb bewusstlos geschlagenen Ohnesorg die Schädeldecke zertrümmerte.

Ohnesorg stirbt noch vor Ort. Vor Gericht beteuert Kurras später, der Schuss sei ihm versehentlich losgegangen und wird freigesprochen.

Der Tod Benno Ohnesorgs war ein Schock für viele und trug erheblich zur Radikalisierung von Teilen der Studentenbewegung bei. Das Gefühl von "Der Staat hat auf uns alle geschossen" ist vielen späteren Terroristen gemein.


»Am nächsten Morgen musste ich den Schah zum Flugzeug bringen. Ich fragte ihn, ob er von dem Toten gehört habe. Ja, das solle mich nicht beeindrucken, das geschehe im Iran jeden Tag «
Der damalige regierende Bürgermeister von Berlin Albertz (SPD)

Siehe auch:

Warum gab es Proteste gegen den Schah?
Weblink:Fotos zum zweiten Juni 1967

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